Geschichte

 Die Geschichte der Gospel Musik

von Phil Petrie

Übersetzung aus dem Amerikanischen von Sebastian Hentsch

Von den sanften Klängen eines Sam Cooke zu den Dancefloor-kompatiblen, akrobatischen Vocals eines Kirk Franklin ist Gospel Music mehr als nur hübsche Musik – Gospel berührt seine Zuhörer im buchstäblichen Sinn. Sei es durch das Mitsingen mit den Chören, schnippen mit den Quartetts oder einfach das Heben der Hände mit den mitreißenden Vorsängern – Gospel Music muß man hören UND sehen. Als ehemals religiöse Musik im engeren Sinne hat sich der Gospel zu einer einflußreichen Spielart amerikanischer Musik und Kultur entwickelt.

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Vorangetrieben durch die großen Plattenfirmen, hat der Gospel seine traditionell religiösen Mauern durchbrochen und ist heute mehr als einfach nur Kirchenmusik.

Das Phänomen „Why We Sing“ von Kirk Franklin (1995 Platin) und der derzeitige Erfolg von William Becton´s „Be Encouraged“ (mehr als 30 Wochen in den Billboard-Gospel-Charts) zeugen von der wachsenden Popularität des Gospel. Dem Gospel-Today-Magazine zufolge haben in den letzten 5 Jahren sieben Major Plattenfirmen Gospel Labels gegründet, die Independent Gospel Labels wuchsen um 50% und die Gesamtverkäufe für Gospelmusik haben sich fast verdreifacht während der letzten zehn Jahre von $ 180 Mio 1980 auf $ 500 Mio 1990.

„Gospel Music wird zum Mainstream“, sagt Gospeldiva Yolanda Adams. „Die Sänger kamen heraus aus den Kirchen und machen ein Mainstream-Publikum mit dem Gospel Style bekannt. Yolanda Adams selbst erweiterte den Einfluß des Gospel durch ihre zwei Auftritte in The Tonight Show with Jay Leno. Inzwischen erreicht TV-Produzent Bobby Jones 4 1/2 Mio Zuschauer jede Woche mit seinem BET-Programm Black Entertainment Television „Gospel Explosion“ und glaubt während das Publikum wächst: „Wir müssen unsere Pioniere ehren und zur gleichen Zeit die Besten der Neuen (Gospelmusiker) mit Begeisterung empfangen.“ Mit „unsere“ meint Bobby Jones schwarze Sänger. Für Jones ist „Gospelmusic gleich Black Music“. Für andere ist es hauptsächlich ein Begriff, der verschiedene Arten religiöser Musik beschreibt: traditionelle, zeitgenössische christliche, moderne Musik aus den städtischen Ballungszentren, Musik des Südens, Hip Hop.

Wie Soldaten ihre Fahnen der verschiedenen Regimenter hochhalten, marschieren die modernen Gospelsänger geschlossen und wunderbar unter Gottes Augen und ein ständig wachsender Markt gibt ihren unterschiedlichen Farben (im wörtlichen Sinn) Raum.

Da diese Musik ihre Brutstätte, die Kirche, verläßt, ist es wichtig zu wissen, wo der Gospel heute steht, wo er herkommt und wohin er geht. Wir als Christen müssen hoffen, daß die Musik Brücken schafft und keine Mauern.

Die Anfänge

Thomas A. Dorsey (1899-1993, Komponist solcher Standarts wie „There will be Peace in the Valley“) wird von vielen Gospelanhängern als „Father of Gospel Music“ gesehen. Als Sohn eines Kantors war Dorsey von klein auf von Musik umgeben und begleitete als junger Mann einige der berühmtesten Blues Sänger aller Zeiten, insbesondere Bessie Smith (1894-1937) und Ma Reiney (1886-1939). Er arrangierte und komponierte auch einige Bluesstücke. Seine Liebe zu lebhaften Liedern und zweideutigen Lyrics hinderten ihn nicht daran, an den alljährlichen Meetings der National Baptist Convention teilzunehmen und es war auf einem dieser Meetings, als Dorsey zum ersten Mal die Kompositionen von Charles A. Tindley (1851-1933; „We´ll understand it Better By and By“, „Leave It There“ und andere) hörte. In seinem Essay „Rock, Church, Rock“ schreibt Anna Bontemps, daß Dorsey zu diesem Zeitpunkt begann, religiöse Songs zu schreiben, sich von den frivolen Lyrics abwendete, nicht aber von Jazz Rhythmen, Blues Flavor und dem rhythmischen Stil ähnlich dem Tindleys. Die „Alte Garde“ der Konservativen Kirchenoberhäupter bezeichnete dies Mischung aus kirchlicher Musik (Spirituals, Hymnen) und sekulärer Musik (Blues, Jazz) als „Musik des Teufels“ und verdammte sie. Die Kirche erklärte Dorsey´s Art der Gospel Musik als unwürdig während der Heiligen Messen des Tages gehört zu werden, eine Geschichte wie sie sich in ähnlicher Weise wiederholte, als in den frühen 70ern das Rock´n´Roll Jesus Movement Amerika überschwemmte. In beiden Fällen; verpaßte es die traditionelle Kirche, den positiven Einfluß zeitgenössischer populärer Musik zu erkennen, der seine Zuhörer segnete und bestärkte näher zu Gott zu finden.

Es ist die intensive sprituelle Qualität der Gospel Musik, die sie über ihre reine musikalische Form erhebt, eine Qualität, die die meisten Prediger zu Dorsey´s Zeiten nicht erkannten.

In einem Artikel des Score Magazine 1994 betitelt mit „The Father of Gospel Music“ wird Dorsey wie folgt zitiert: „Als ich erkannte, wie verbissen manche Leute die Gospel Idee bekämpften, wußte ich, daß ich dazu bestimmt war, die Fahne dafür hochzuhalten.“ Und „Hochhalten“ ist das, was er im wahrsten Sinne des Wortes tat. „Ich lieh mir $5 und versandte 500 Kopien meines Songes „If You see my Saviour“ an Kirchen im ganzen Land… Das war 3 Jahre bevor ich die erste Bestellung bekam. Ich war kurz davor wieder Blues zu spielen.“ Aber dies tat er nicht. Mit Sängerinnen wie Sallie Martin (1896-1988) und Mother Willie Mae Smith (1904-1994), die seine Musik bekannt machten, blieb er lange genug dabei, um über 800 Songs zu schreiben und konnte erleben, wie seine Musik erfolgreicher wurde, von den ersten vereinzelten Aufführungen bis hinein in die etablierten Chöre, die seine Songs vorher abgelehnt hatten. Andere Komponisten wie Lucy Campbell („Something Within“) and Dr. Herbert Brewster („Surely God is Able“) nahmen das Ruder in die Hand und der Weg für eine neue Generation Gospelmusiker war gebahnt. Um dies zu unterstützen, gründete Dorsey 1932 The National Convention of Gospel Choirs and Choruses, eine Organisation, die noch heute existiert.

Die legendären Divas und Dons

Die Früchte von Dorseys Saat waren außergewöhnliche Sängerinnen und Sänger, die den Gospel in den folgenden Jahren über das ganze Land und tatsächlich die ganze Welt verbreiteten. Mahalia Jackson, Clara Ward und James Cleveland, um nur einige zu nennen.

Mahalia Jackson (1911-1972) „hatte es drauf“, um die Sprache von heute zu benutzen, lange bevor sie einen lukrativen Vertrag mit Columbia Records in den 50er Jahren unterschrieb. Ihre Popularität stieg und stieg, gipfelte in ihrem Auftritt in der Ed Sullivan Show und gab ihr die Möglichkeit direkt vor Dr. Martin Luther Kings jr. berühmter Rede „I have a Dream“ zu singen. (Interessanterweise sang sie auch Dorseys „Take My Hand, Precious Lord“ auf Kings Beerdigung 1968.) Ihre voluminöse Altstimme berührte jeden, der sie hörte und viele Sänger trämen noch heute davon, wie sie zu singen.

Clara Ward (1924-1973) und die Ward Singers auf der anderen Seite ergriffen die Möglichkeit, in Claras Worten ausgedrückt: Gottes Wort zu seinem Volk zu bringen, woimmer es ist, und sei es in die Nightclubs.“ Dies wurde schon Jahrzehnte früher von Schwester Rosette Tharpe praktiziert, als sie mit Lucky Millender und seiner Band auftrat. Ward war eine dieser seltenen Personen, die beides hatten Spritzigkeit und Tiefgründigkeit. Opal L. Nelson sagt in einer Schrift zur Wiederveröffentlichung von Wards Aufnahmen: „Surely God is Able“ war „die erste Millionseller Gospel Nachkriegsplatte.“ (Wenn das stimmt, ist es umso erstaunlicher, als nur eine Handvoll Gospelplatten je Goldstatus -500.000 verkaufte Exemplare- erreichten. 1968 war „Oh Happy Day“ von den Edwin Hawkins Singers die erste Goldene Schallplatte seitdem die RIAA begonnen hatte, Statistiken zu erstellen.) Ward hatte einen direkten Einfluß auf die Karriere der Gospelgröße MArion Williams (Williams sang mit den Ward Singers) und beeinflußte Little Richard und Aretha Franklin, die beide Ward als ihr Idol bezeichneten.

James Cleveland (1931-1991) wurde von vielen Gospelenthusiasten als der „King of Gospel“ angesehen. Er erhielt 4 Grammys, den letzten nach seinem Tod für das Album „Having Church“. Cleveland war ein charismatischer Sänger, der, um einmal ein Klischee zu bedienen, sein Publikum in den Händen hielt. Die Ironie ist, daß seine Stimme, eher rauh und kratzig, nicht als von besonders großer Qualität galt. Trotzdem faszinierte er sein Publikum und brachte 1968 einen besonders hohen Standart in die Gospelmusik durch seine Organisation „Gospel-Music-Workshop of Amerika“, die größte Gospel Vereinigung der Welt.

Zu den legendären Sängern der 50er und 60er Jahre gehören auch Edna Gallmon Coke und Brother Joe May. Obwohl sie nicht unbedingt zu den Pionieren gezählt werden, wiesen sie doch den Weg für die folgenden zeitgenössischen Sänger. Tramaino Hawkins, Daryl Coley, Andrae Crouch und der späte Thomas Whitfield.

Die Quartetts

Die Quartetts hatten ihren Zenit von den späten 20ern bis in die 40er Jahre. Und es waren diese Vokalgruppen, die die amerikanische Popkultur am meisten beeinflußten. Eines der bedeutendsten Quartetts waren The Swan Silverstones angführt von Claude Jeter. Jeters innovativer Stil des Falsettgesanges wurde zum Industriestandart. Ebenfalls nicht zu vergessen: Rev. Julius Cheeks von The Sensational Nightingales, der eine der schillerndsten Persönlichkeiten der Gospelszene dieser Zeit war. Nicht selten verließ er die Bühne, ging zu den Zuschauern und „bearbeitete“ das Publikum, so daß es nicht anders konnte, als seine Sinne für den Geist zu öffnen. Wäre er nicht gerade in der Gospelszene aktiv gewesen, hätte man ihn wohl als Sexsymbol bezeichnet.

Andere populäre Gruppen waren The Dixie Hummingbirds, The Mighty Clouds of Joy (60er und 70er Jahre) und The Fairfield Four, von denen die letzteren immernoch eine immense Popularität besitzen ob ihres zeitlosen Sinnes für Humor wegen wie auch ihrer stimmlichen Klasse. Obwohl die meisten der Gospelquartetts männliche Gruppen waren, stellen doch The Davis Sisters, Harmonettes und besonders die Caravans Beispiele für exzellente und populäre Gospelgruppen dar. Zu den Caravans gehörten zeitweise solch klangvolle Namen wie Albertina Walker, Dorothy Norwood, Cassietta George, Bessie Griffin, Inez Andrews, Shirley Caesar und Delores Washington – die wohl eine Bereicherung für jedes Ensemble wären.

Aber das vielleicht populärste Quartett waren die „Soul Stirres“ unter der Leitung des großen Robert II. Harris. George W. Stewart von der American Quartet Gospel Convention zufolge, war es Harris, der als erster diese Vocal ad libs entwickelte, die Sam Cooke so berühmt machten, wie man es mit Worten kaum ausdrücken kann. „Vor dieser Neuerung gab es nur diesen geradlinigen Quartett-Stil, eine Variation der Barbershop-Quartetts,“ so Stewart. „Harris begann Cooke zu unterrichten, als dieser 10 Jahre alt war. Als Teenager stieß Cooke zur Gruppe dazu und wurde zum Idol.“ Als er die Gruppe verließ für die Annehmlichkeiten sekulärer Musik – ein größeres Publikum und mehr Geld -, wurde Cooke zu einer Ikone der amerikanischen populären Musik. Er war der erste, der erfolgreich in den Mainstream überwechselte und zu einem Star wurde. Die Gospelsänger, die es ihm gleichtaten waren beides: Legion und Legende. Aretha Franklin, Della Reese und Lou Rawls sind hervorstechende Beispiele. (Ray Charles, mit solchen Hits aus den 50ern wie „Drown in My Own Tears“ und „Hallelujah, I just Love Her So“, beide mit offensichtlichem Gospeleinfluß, machte sich diesen zu Nutze ohne jemals „professioneller“ Gospelsänger gewesen zu sein. Entgegen einigen Gerüchten war Charles nie einer der Five Blind Boys, einem Gospelquartett.) Der Einfluß der Gospelquartetts war nicht nur auf diese Namen beschränkt. Viele der 60er und 70er Rhythm & Blues-Musiker gingen aus Quartetts hervor. Die folgende kurze Liste von Sängern mit ihrem Gospelbackground in Klammern dahinter verdeutlicht dies: Ashford & Simpson (The Followers), Chuck Jackson (Raspberry Singers), Wilson Pickett (Violinares), Johnny Taylor (The Highway QCs). Selbst die heute populäre Pop/R&B; Gruppe „Jodeci“ war ehemals eine Gospelformation mit dem Namen Little Cedric Haley and the Haley Singers.

Die Chöre

In der Gospelmusik ersetzten die Massenchöre und Chorensembles die Quartetts, betrachtet man die Gesamtpopularität. Interessanterweise wurde der populärste Chor der 90er Jahre von einem Quartettmitglied, Franklin Williams (1947-1993), genannt Frank, gegründet und geleitet. Williams war Teil eines Familienquartetts The Southern Gospel Singers, später bekannt als The Williams Brothers, bevor er zu den Jackson Southernaires kam. 1979 ging er zu Malaco Records als Executive Producer und Direktor für Gospel Promotions, und er organisierte und war Leadsänger für den „Mississippi Mass Choir“ (1988). Die erste Aufnahme der Gruppe -Mississippi Mass Choir Live – war ein prompter Erfolg. Nr.1 Spiritual Album des Jahres in Billboard und Score Magazine. Der Chor produziert immernoch Platten (unter anderem für das Whitney Houston Soundtrackalbum „Preacher´s Wife“) und stellt Verkaufsrekorde auf. Milton Brunson and The Thompson Community Choir in den 80ern und später John P. Kee und The New Life Community Choir etablierten und hielten Standarts für exzellente Chöre, und andere Chöre der 90er Jahre zeigen, daß eine beständige Vielfalt in diesen größeren Gruppen besteht. Vorreiter dafür sind Hezekiah Walker und der Love Fellowship Choir, O´landa Draper und die Assoiates und Donald Lawrence und die Tri-City-Singers. Aber es wäre unfair, diese verkürzte Liste zeitgenössischer Chöre zu veröffentlichen, ohne die anderen vielen exzellenten Ensembles zu beachten: die Dallas-Fort Worth, Wilmington Chester, Florida und New Jersey Mass Choirs, um nur einige zu nennen.

Von seinen frühen Anfängen mit vielen legendären; Musikern bis zu den heutigen modernen Sounds, die ihr eine neue Popularität beschehren, scheint die „Gospel Music is here to stay“. Jeder christliche Musiker und insbesondere Gospel Musiker müssen sich mit der Frage auseinandersetzen: Kann Gospel seine wachsende Popularität im Mainstream weiter ausbauen während er sein spiritualle Basis behält?

Moderne Musikliebhaber und besonders die jungen, verlangen nach mehr „Groove“ und viele fühlen sich zu zeitgenössischen Sounds hingezogen, wie sie von BeBe und CeCe Winans und Take 6 verwendet werden, einige andere währendessen fahren mehr auf Hip Hop ab. Shirley Caesar erinnert, daß dies alles mögliche Wege sind. „Gott benutzt alle Möglichkeiten, die Menschen zu sich zu führen,“ sagt Caesar. „Was mich dabei bleiben läßt, ist, daß ich versuche über aktuelle Ereignisse zu singen. Drogen, Schwarze Kriminalität, über Frauen, die mißbraucht wurden, junge Mädchen, die zu früh schwanger werden. Ich möchte, daß sie von Jesus erfahren, so daß sie einen Weg finden, aufzustehen und ihr Leben in Ordnung zu bringen.“

Seitdem Thomas Dorsey erstmals die Grenzen überschritt und Gospel Musik schuf, sangen die Chöre, Quartetts und mitreißenden Vokalisten dasselbe Lied, nur in verschiedenen Stilen und an verschiedenen Orten. So, wie Gospel weiter wächst, sogar über die Erwartungen Dorseys hinaus, so kann man nur hoffen, daß, unabhängig davon, wie sie genannt wird, Gospel Musik mit offenen Armen von jedem empfangen wird, der von der Guten Nachricht erfahren muß.